1977 wurde die Verfasste Studierendenschaft (VS) durch den damaligen Landtag Baden-Württembergs abgeschafft. Seitdem waren die Studierenden faktisch macht- und stimmlos: Der AStA war nur noch ein Ausschuss „zur Förderung der sozialen, geistigen, musischen und sportlichen Belange“ der Studierenden. Er hatte kein Recht, sich (hochschul-)politisch zu äußern und keine selbst verwalteten Finanzen. Außerdem waren keine Strukturen mehr vorgesehen, in denen die Studierenden sich organisieren und eine Meinung als Gruppe bilden konnten.
Als Reaktion auf die Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft wurden damals an den baden-württembergischen Hochschulen Unabhängige Studierendenschaften gegründet. So konnte an der damaligen Universität Karlsruhe (TH) die Strukturen mit Studierendenparlament, Fachschaftenkonferenz, einem Studierendenausschuss (der seither Unabhängiger Studierendenausschuss (UStA) heißt) und eigenen Wahlen beibehalten werden. Dieses sogenannte Unabhängige Modell ist aber vom Gesetz nicht anerkannt. Es basiert daher darauf, dass auch die Universität ein Interesse an einer starken Studierendenvertretung hat und die studentischen Vertreterinnen und Vertreter in den offiziellen Gremien sich beteiligen.
2011 hat die neue grün-rote Landesregierung beschlossen, die Verfasste Studierendenschaft wieder einzuführen. Das Gesetz dazu wurde im Juni 2012 vom Landtag verabschiedet.
Auf Grundlage des Gesetzes konnten dann Organisationssatzungen ausgearbeitet werden, die die Struktur und Arbeitsweise der studentischen Vertretung regelt. Das letzte Wort dabei haben die Studierenden an der jeweiligen Hochschule. Sie entscheiden in einer Urabstimmung, welche der eingereichten Satzungsvorschläge gelten soll. Am KIT fand die Urabstimmung vom 14. bis 18. Januar 2013 statt. Bei ihr stimmten ca. 95% der Studierenden für den Satzungsvorschlag, der vom Arbeitskreis Verfasste Studierendenschaft ausgearbeitet wurde.
Der letzte Schritt bei der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft werden die ersten Wahlen zu den in der Organisationssatzung definierten Organen sein. Diese werden bei uns in der Mitte des Sommersemesters 2013 stattfinden.
Die zukünftige Verfasste Studierendenschaft in Baden-Württemberg besitzt ein politisches Mandat, d. h. sie kann sich im Rahmen ihrer Aufgaben für die Belange der Studierenden einsetzen und die erarbeiteten Positionen nach außen hin vertreten.
Bisher hatte die offizielle Studierendenvertretung nicht einmal das Recht, sich zu hochschulpolitischen Themen – wie etwa Studiengebühren, BAföG oder studentisches Wohnen – zu äußern.
Durch die Verfasste Studierendenschaft wird die Studierendenvertretung zu einer eigenständigen, rechtsfähigen Körperschaft innerhalb der Hochschule. Dadurch kann sie selbst Verträge abschließen und z. B. mit den Verkehrsbetrieben direkt über das Semesterticket verhandeln.
Bisher wurden die Rechtsgeschäfte der Studierendenvertretung von Vereinen getragen.
In Zukunft kann die Studierendenschaft selbst darüber entscheiden, wie viel Geld sie benötigt und wozu es verwendet werden soll. Dazu können Beiträge von den Studierenden erhoben werden – diese werden am KIT voraussichtlich pro Semester im einstelligen Euro-Bereich liegen.
Bisher müssen sämtliche Ausgaben aus dem AStA-Haushalt von der Uni-Verwaltung genehmigt werden; die Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel hängt allein vom guten Willen des Rektors ab.
Durch die Satzungsfreiheit ist es jeder Studierendenschaft möglich, sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben selbst zu organisieren. Für uns bedeutet das, dass die bewährten Strukturen des U-Modells mit Studierendenparlament und Fachschaftenkonferenz übernommen werden können.
Bisher gab es zwar einige wenige Vertreter in offiziellen Gremien, die aber keine im Gesetz definierten Strukturen hinter sich hatten, in denen die Meinungsbildung der Studierendenschaft stattfinden konnte. Dieser Missstand wird mit der Verfassten Studierendenschaft nun behoben.